Selbsthilfemeile in Bad Nauheim Hier der Original-Artikel aus der Wetterauer Zeitung (Mo 25.08.2008)

Zur Begrüßung der Neubürger in Bad Nauheim wurde die Fußgängerzone mit Ständen von ortsansässigen Vereinen und Selbsthilfegruppen bevölkert. Die Vereine und Selbsthilfegruppen erhielten dadurch die Möglichkeit, ihre Arbeit in Bad Nauheim vorzustellen und bekannt zu machen. So bot sich für die Familiengruppe Down-Syndrom mal wieder eine Möglichkeit, als Gruppe etwas in der Öffentlichkeit zu gestalten. Das förderte auf der einen Seite den Zusammenhalt der Gruppe und auf der anderen Seite wurde sie mal wieder eine gute Anlaufstelle für Interessierte. Organisator eines Teils der Veranstaltung war die Selbsthilfe-Kontaktstelle des Wetteraukreises Telefon: 06031/83-2345, E-Mail: Anette.Obleser@wetteraukreis.de) in Zusammenarbeit mit der Stadt Bad Nauheim.

Schon zu Beginn des Jahres beschloss die Familiengruppe, an der Selbsthilfemeile teilzunehmen. Jedoch erst in den Sommerferien formierte sich schließlich ein Team von 5 Familien, welches die Vorbereitung des Standes auf der Meile übernahm. Es gab mehrere Vortreffen, es gab Entwürfe für neue Poster und Flyer, die vervielfältigt werden mussten, kostenlose Unterlagen wurden beim Down-Syndrom-InfoCenter bestellt, ein Pavillon und Bänken durften von der Lebenshilfe genutzt werden. Selbstgebaute Ständer zum Aufhängen der Poster waren sehr nützlich. Für die Organisation des Standes selbst, an dem auch unsere Kinder mit Down-Syndrom aktiv werden sollten, wurde ein extra Vorbereitungstermin veranschlagt. Es war eine schöne und konstruktive Zusammenarbeit.

Der 23. August begann dann sehr aufregend. Eine Stunde vor Erföffnung der Selbsthilfemeile sollten wir in der Fußgängerzone einfahren, ausladen und den Stand aufbauen. Wir hatten zwar den Aufbau bei unserem letzten Vorbereitungstreffen geprobt, aber dabei wurde uns schon deutlich, dass eine Stunde recht knapp bemessen sein würde. So erklärte sich Anreas bereit, uns tatkräftig zu helfen und später, als seine Aufbauarbeit erledigt war, konnte er sich dann mit seinem Vater alle Stände der Selbsthilfemeile genauer anschauen und auch für sich selbst interessante neue Erkenntnisse gewinnen. Anneke und Felix, Geschwister von Enno, malten während des Standaufbaus ein großes Plakat mit dem Namen unserer Selbsthilfegruppe, damit unser Stand nicht nur durch schöne Poster, sondern auch durch einen Namen gekennzeichnet werden konnte.

Unser Stand wurde durch das Tanzen dreier Gebärdentänze eröffnet und für Axel war das der "Startschuss", um anschließend mit dem Verteilen der Flyer zu beginnen. Es machte Spaß zu beobachten, wie unterschiedlich unsere Kinder sich einbrachten. Axel ging auf die vorbeilaufenden Leute zu und drückte jedem einen Flyer in die Hand. Die Leute blieben stehen und schauten ihn, den Flyer und unseren Stand nachdenklich an. Wenn niemand vorbei lief, ging Axel zu den Nachbarständen und verteilte auch dort seine Flyer. Er wurde zum Seifenblasen pusten oder Malen eingeladen. Moritz hingegen blieb bei seinem Vater und beide verteilten die Flyer an interessiert schauende Menschen. Enno, noch im Kindergartenalter, lief erstaunlicherweise nicht weg, sondern ließ sich bei den benachbarten Ständen verwöhnen. Julia sondierte mit ihrer Mama die Selbsthilfemeile, während ihr Papa Flyer verteilte und Gespräche führte. Anneke, Ennos Schwester, hatte auch Spaß am Verteile der Flyer und fand auch Gefallen daran, mit Julia über die Selbsthilfemeile zu laufen.

Während meiner Standarbeit konnte ich Menschen kennenlernen, die sich im Gespräch mit mir ihrer Einstellung Behinderten gegenüber bewusst wurden und dieses zum Ausdruck brachten. Es gab Menschen, die sich wegen ihrer Berufsplanung oder wegen bestimmter Nachbarn mit dem Thema Down-Syndrom befassten und interessiert Literatur mit nahmen. Es gab einen Mann, er sich mit 45 noch Gedanken darüber machte, ob er mit seiner Frau eine Familie gründen wolle. Es gab eine Familie, die mit einem Baby mit Down-Syndrom einen ersten Kontakt zu uns suchte und fand. Ich hatte ein Gespräch mit einem jungen Mann mit Williams-Beuren-Syndrom (das ist eine dem DS ähnliche Behinderung). Er erzählte mir, was er alles trotz seiner Behinderung und mit sehr großen motorischen Schwierigkeiten gelernt hat und dass er heute versucht, selbständig und selbstbestimmt zu leben. Er wirkte stolz auf seine Leistungen. Mich hat dieses Gespräch tief beeindruckt. Eine solche Einstellung zum Leben wünsche ich mir von unserem Sohn später auch. Dieser junge Mann ging sehr bewusst und selbstbewusst mit seiner Behinderung um.

Leider wurde das Wetter am Nachmittag schlechter und der Zulauf der Bad Nauheimer Fußgängerzone ließ nach. Aber alles in Allem hatten wir einen schönen und erfolgreichen Tag, der die Gruppe als Ganzes genauso bereichert hat, wie jeden einzelnen von uns.

(Sabine Häusler)