Wieder einmal fand am Welt-Down-Syndrom Tag auf Initiative der Familiengruppe Down-Syndrom in der Lebenshilfe Wetterau eine öffentliche Veranstaltung statt. Dabei wurde die Begleitung der sozial- emotionalen Entwicklung thematisiert. Referentinnen waren Frau Inge Henrich und Frau Petra Keßler-Löwenstein aus der Praxis für Entwicklungspädagogik (PEp) in Mainz. Sie berichteten auf dem Hintergrund ihrer Erfahrungen über die Begleitung der sozialen und emotionalen Entwicklung vor allem von Kindern mit Down-Syndrom. Denn schließlich ist gutes Sozialverhalten immer ein wichtiges Erziehungsziel. Angemessenes Verhalten in sozialen Bezügen muss genauso gelernt werden, wie Sprechen, Lesen, Schreiben und Rechnen, so erfuhren die Zuhörer der Veranstaltung. Jedoch kann sozial-emotionales Lernen nicht in therapeutischen 1:1-Situationen stattfinden, sondern benötigt hierfür eine Gruppe. Kindergarten und Schule sind wichtige soziale Lernfelder, aber auch außerhalb dieser sind weitere soziale Erfahrungsräume wichtig, um Handlungskompetenz zu erwerben. Nachmittags jedoch fehle vielen geistig behinderten Kindern ein solches Umfeld, um ihre soziale Kompetenz weiter zu entwickeln, so berichteten betroffene Mütter der Familiengruppe.
PEp (Praxis für Entwicklungspädagogik) entwickelte in den letzten 20 Jahren Methoden, um insbes. Kinder mit besonderem Förderbedarf, in ihrer sozialen und emotionalen Kompetenzentwicklung zu unterstützen.
Sehr anschaulich mit viel Bildmaterial und Beispielen konnten die Referentinnen verdeutlichen, wie Emotionen in einer therapeutischen Gruppensituation schon im Kindergartenalter zum Thema gemacht werden können, wie in Lernsituationen Emotionen wahrgenommen, benannt und kommuniziert werden. Je eindeutiger und klarer eine Emotion kommuniziert wird, desto leichter gelingt dem Kind die treffende Interpretation dessen, was es sieht. Wichtig sei daher die Einheit von Mimik und Gestik, Sprache, Tonfall und Verhalten. So werden auch die Kinder ermutigt, beispielsweise im Rahmen von Rollenspielen Gefühle verbal und nonverbal auszudrücken. Die Schnelligkeit, in der sich soziale und kommunikative Prozesse vollziehen, fordert von allen Beteiligten, in kurzer Zeit viele Details (nonverbale und verbale) aufzunehmen, zu interpretieren und logische Zusammenhänge herzustellen. Daher ist die Fähigkeit, Blickkontakt aufzunehmen und ausreichend lang zu halten, eine der wichtigsten Basiskompetenzen, deren Entwicklung gefördert werden sollte. Gerade Kinder mit einer geistigen Behinderung profitieren von zusätzlichen spielerischen Erfahrungsräumen, in denen sie sich im Ausdruck (verbal und nonverbal) von Gefühlen und deren Interpretation üben, eigene Bedürfnisse und die anderer wahrnehmen lernen können und ausreichend Zeit haben, um Sicherheit zu gewinnen (z.B. Lottospiele, Bildergeschichten, Rollenspiele,...) . Parallel dazu gilt es, die Kinder in konkreten, wirklichen Situationen zu unterstützen, sich als selbstwirksam und kompetent zu erleben. Hierzu gehöre große Wachsamkeit beim Praxisteam oder auch Eltern und Betreuern, damit geeignete Situationen genutzt werden könnten, um den Kindern ihre eigenen Gefühle bewusst zu machen und sie zur Kommunikation hierüber anzuleiten und ihnen Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
Alles in Allem war die gelungene Veranstaltung eine Möglichkeit für die 13 teilnehmenden Familien, neue Ideen mit nach Hause zu nehmen. Die Familiengruppe fühlte sich darin bestätigt, nach mehr sozialen Möglichkeiten für ihre Kinder zu suchen und wenn nötig auch selbst zu gestalten. Eine dieser Möglichkeiten ist das Angebot der Disco, die in den Räumen der Lebenshilfe seit kurzem regelmäßig veranstaltet wird oder die Familienfreizeit und die Familiennachmittage. Jedoch wurde deutlich, dass neben diesen Aktivitäten strukturierte pädagogische Erfahrungsräume mit "Als - Ob" - Charakter eine sinnvolle Ergänzung darstellen, in denen gerade auch kognitive Prozesse, wie das Interpretieren von Informationen oder das logische Schlussfolgern ohne Zeitdruck geübt werden können.
Sabine Häusler / Petra Keßler-Löwenstein